Exhibition Talks (mit/with Lotte Schreiber)
A 2014, Super 8 + Video, 09:00 min., german OV (eng. sub).
mit Unterstützung von Innovative Film Austria, Kultur Tirol (copyright photos: Pirker/Schreiber). GROSSER DIAGONALEPREIS 2015 "Innovatives Kino"
Wenn, wie Walter Benjamin behauptet hat, Gebäude auf doppelte Art, durch Gebrauch und Wahrnehmung rezipiert werden, d.h. taktil und optisch, dann könnte man Sasha Pirkers und Lotte Schreibers Exhibition Talks als Versuch verstehen, diese doppelte Rezeptionsweise ein Stück weit zu entkoppeln. Während auf der Tonspur vom Gebrauch der Ausstellungsräume des Tiroler Architekturforums aut die Rede ist, von den Gegebenheiten der einzelnen Räume und den Möglichkeiten, sie für eigene Bedürfnisse zu adaptieren, liefert die Bildspur fragmentarische, statische und in Schwarzweiß gehaltene Ansichten derselben Räume, die allein schon deshalb im optischen Register verharren, weil sie über die Montage zu keinem kohärenten Raumganzen verbunden werden.
Anstatt die Größe der Räume und ihre gebaute Anordnung etwa über einen Rundgang durch das Gebäude zu "erzählen", fängt die Kamera Details der Fassade und der Innenräume ein, die zum einen mit ihren klar gezogenen Linien und den vielfältigen Gelegenheiten zu Ein-, Aus- und Durchblicken von der Formensprache der klassischen Moderne zeugen, zum anderen diese Formensprache einem optischen Spiel von Licht und Schatten, von Grauwerten und Schwarzweiß aussetzen, das die drei Dimensionen des Bauwerks grafisch auflöst.
Bestand die Pointe der doppelten Rezeptionsweise von Gebäuden bei Benjamin in der Übertragung auf die Wahrnehmungsbedingungen am Ort des Kinos (Zerstreuung statt Kontemplation), scheint die experimentelle Entkopplung von optischer Wahrnehmung und taktilem Gebrauch in Exhibition Talks einer anderen Logik zu folgen. Obwohl vom Bild strikt getrennt, suchen die Möglichkeiten des Gebrauchs nach Wegen ins Sichtbare. "Normalerweise ist der Eingang hier": Zu sehen ist eine Öffnung, durch die Licht auf eine Wand fällt, während der übrige Raum im Schatten versinkt. Die Öffnung ist ein Fenster, sie könnte aber auch eine Tür sein bzw. ist sie gerade im Begriff, zu einer solchen zu werden. Von solchen Übergängen handelt Exhibition Talks: vom Offenen, vom Beweglichen und Veränderlichen des gebauten Raums. (Vrääth Öhner)
If, as Walter Benjamin claimed, buildings are appropriated in a twofold manner through use and perception; that is, tactically and optically, then Sasha Pirker’s and Lotte Schreiber’s Exhibition Talks can be seen as an attempt to somewhat decouple this mode of reception. While the soundtrack deals with the use of aut, the Tiroler Architekturforum’s exhibition spaces, and the conditions of the individual spaces and possibilities to adapt them for one’s own purposes; the visual track offers fragmentary, static, black-and-white views of the same spaces, which stay in the visual register simply by being linked above the montage to a coherent spatial whole.
The camera records details of the façade and interior rather than “telling about” the sizes of the spaces and their built arrangement, for example, through a tour of the building. The clearly drawn lines and diverse opportunities to look in, out, and through, provide evidence of classical modernism’s formal language, and also subject this formal language to a visual play of light and shadow, gray tones and black-and-white, dissolving the structure’s three dimensions.
Should the idea of Benjamin’s twofold appropriation of buildings consist in the transfer to the conditions of perception in cinema (scattering rather than contemplation), then the experimental decoupling of visual perception and tactile use in Exhibition Talks seems to follow a different logic. Although strictly separated from the image, use-possibilities search for ways to become visible. “Normally, the entrance is here”: visible is an opening through which light is cast onto a wall, while the rest of the space sinks in shadow. The opening is a window, but it could also be a door, or will soon be one. Exhibition Talks deals with such transitions: from built space’s open, moving, and transformative ones. (Vrääth Öhner) Translation: Lisa Rosenblatt