Die Passage von Walter Pichler stellt eine Art Doppelporträt dar, das des Künstlers Walter Pichler und das seines Sammlers Albert Gutmann, dessen beharrlichem Engagement es zu verdanken ist, dass Pichlers Passage in Aldrans bei Innsbruck, Tirol, als letztes Bauwerk des Künstlers noch zu seinen Lebzeiten realisiert werden konnte. Jahrzehntelang beschäftigte Pichler die Idee, eine Skulptur als begehbare Architektur umzusetzen, einen Lichtkäfig aus gegossenen Betonfertigteilen zu bauen, in dem der Raum und das sich im Laufe des Tages und der Jahreszeiten verändernde Spiel von Licht und Schatten die eigentlichen Hauptdarsteller sind. Sind die beiden Schiebetüren geschlossen wird das Bauwerk ganz in sich gekehrtes Volumen, eine sich an den sanften Hügel des Geländes anschmiegende minimalistische Betonskulptur, durch deren beidseitige Schlitze Ein- und Durchblicke in den Raum genommen werden können. Ein Raum, der wie der Narthex einer unterirdischen angelegten Kapelle wirkt und bei geöffneten Türen zur Passage in den über schmale Stufen zu erreichenden Ausstellungsraum im Untergeschoss wird, der über seine Oberlichtfenster selbst sakrale Wirkung entfaltet. Durch die geschickte Verwebung von Ton- und visueller Ebene durchmisst Sasha Pirker im Laufe ihres Filmes das Gebäude strukturell zweimal. Während die Kamera noch langsam die geöffnete Passage und die Topografie der Umgebung verfolgt, ist das Aufschieben der Türen, die Schritte des Sammlers hinunter in den Ausstellungsraum, das Klappern der Schlüssel, die Präsentation und das Verlassen des Raumes zu hören. Während der Sammler aus dem Off über seine Begegnung mit dem Künstler, die Idee zur Umsetzung der in zahlreichen Skizzen vorbereiteten Passage und seine Leidenschaft zum zeichnerischen Werk Pichlers erzählt, zeigt das filmische Bild in sanften Schnitten die Materialästhetik und enorme Ausführungsqualität des Gebäudes. Tonlos verfolgt die Kamera den Hausherren in seinem zweiten Gang in seinen unterirdischen Präsentationsraum, um im Raum selbst Bild- und Tonebene in Eins fallen zu lassen. Die Narration unterstützt die langsame Kamerafahrt über die Zeichnungen Pichlers, während die Bilder die Erzählung illustrieren und Einblick in das vielschichtige künstlerische Schaffen und das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Sammler und Künstler geben. Sasha Pirker collagiert ein poetisches Doppelporträt von einer über lange Zeit gewachsenen, fruchtbaren und respektvollen Beziehung zweier außergewöhnlicher Menschen, die des Künstlers Walter Pichler und die des Sammlers Albert Gutmann, von deren gemeinsamen Geschichte die Passage als gebautes Manifest erzählt. (Fiona Liewehr)