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REAL TIME
Sasha Pirker, A 2021, 5 min. 16mm transferred to Video. Artist/Drawing: Gerlind Zeilner, Master of Color: Jimi Hennrich, Master of Sound: Andi Pils. distribution/sale/rental: sixpackfilm Vienna

Sasha Pirkers Real Time widmet sich der Aufzeichnung künstlerischer Arbeitsprozesse im doppelten Sinn. Pirker dokumentiert mit ihrer Bolex Kamera in Echtzeit das Entstehen einer Zeichnung als Moment der Formfindung. Linien folgen auf Linien, die am Ende des Films sichtbar machen, was dieser üblicherweise im Verborgenen lässt: die Kamera und die Filmemacherin, deren Spiegelbild – ebenso wie ihr eigenes – die Künstlerin Gerlind Zeilner in ihrer Porträtzeichnung festgehalten hat. Anders als jene medienreflexiven Strategien der zweiten Filmavantgarde, die den filmischen Produktionsprozess mittels des eigenen Mediums in den Blick nahmen – man denke etwa an Hollis Framptons und Joyce Wielands A&B in Ontario (1967/1984), bei dem sich die beiden beim Filmen des/der jeweils anderen ablichteten – geht es Pirker um das Verhältnis künstlerischer Medien zueinander. Lotete sie in Closed Circuit, 2013 (2013) die Beziehung zwischen Film und Polaroidfotografie aus, so steht in Real Time die mechanische Reproduzierbarkeit dem Topos der Hand als Ausdruck künstlerischer Kreativität gegenüber. Pirkers Arbeit kann damit zweifelsohne auch als Anlehnung an und Umschreibung jener Filme verstanden werden, in denen die Kamera das „kreative Schaffen“ im Sinne der spontanen, inneren Ausdruckskraft des Künstlers ins Zentrum rückte. Während etwa Hans Namuths Jackson Pollock ’51 (1951) und Henri-Georges Clouzots Le mystère Picasso (1956) dezidiert dazu beitrugen den Mythos des (männlichen) Künstlergenies aufrechtzuerhalten, so wird in Real Time künstlerische Produktion in ihrer untrennbaren Verknüpfung von Technologie und Körper, von Bild und Blick, von Künstlerin und Betrachterin wahrgenommen.

Der von Pirker verwendeten Bolex Kamera und deren materieller und technischer Spezifität kommt dabei besondere Bedeutung zu. Einerseits auf Grund des verstärkten Potentials analoger Medien Arbeitsprozesse sichtbar zu machen. So werden in Real Time die filmischen Aufnahmen durch den Rhythmus schwarzer Bildsequenzen unterbrochen, da das Triebwerk der Kamera alle dreißig Sekunden aufgezogen werden muss. Andererseits wird auch die Zeitstruktur des Films von dessen materieller Grundlage hergeleitet, insofern die drei-minütige Dauer auf der Länge einer einzelnen Filmrolle basiert. Dies wiederum nahm Einfluss auf den Entstehungsprozess der Zeichnung, der an den Zeitrahmen der filmischen Produktion gebunden war. (Bettina Brunner)